Genitalverstümmelung an Mädchen: Deutsche Ärzte wollen
weiter schweigen
4. September 2016 von TaskForce / www.taskforcefgm.de
Die
Bundesärztekammer und Verbände der Ärzteschaft wollen durch ihr Schweigen auch
weiterhin Genitalverstümmelungs-Täter schützen
Bereits vor drei Jahren machten die TaskForce für
effektive Prävention von Genitalverstümmelung und der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK)
aufmerksam auf die Rolle der Ärzteschaft bei der ausbleibenden Strafverfolgung
gegen Eltern, die ihre Töchter der Genitalverstümmelung unterwerfen. Rund 50.000 in Deutschland gefährdete Mädchen können
zu Opfern einer Genitalverstümmelung werden.
Die Verstümmelung der Genitalien eines Mädchens
bedeutet zweifelsfrei eine schwere Körperverletzung. Der Elternteil, der diese
Verstümmelung zulässt oder veranlasst, ist immer Anstifter oder Mittäter.
Die Straftat kann nur verfolgt werden, wenn die
Körperverletzung auch festgestellt ist, was i.d.R. nur durch den untersuchenden
Arzt stattfinden kann. Dieser aber unterliegt der medizinischen Schweigepflicht
und darf deshalb seine Feststellung nicht an die Strafverfolgungsbehörden
weitergeben. Da das Strafrecht erst dann angewandt werden kann, wenn diese
Behörden Kenntnis eines Verbrechens erhalten, führt hier die Schweigepflicht zum
Schutz der Täter.
Eine gesetzlich vorgeschriebene Meldeverpflichtung der
diagnostizierten Genitalverstümmelung, wie sie in weiten Teilen Europas
besteht, wäre als Ausnahme der allgemeinen Schweigeverpflichtung zu definieren.
Neben Parlamentariern und Bundesregierung setzt sich insbesondere
die deutsche Ärzteschaft gegen die Einführung einer Meldepflicht ein, die den
Täterschutz aufheben könnte: So schreibt die Bundesärztekammer an die
TaskForce, dass sie sich „nicht für die Einführung einer gesetzlichen
Meldepflicht bei begangener Genitalverstümmelung bei minderjährigen Mädchen
einsetzt.“
Zur Begründung heißt es, die Mädchen würden sonst
womöglich nicht mehr zur Untersuchung gebracht. Dabei weiß die Kammer, dass mit
der Koppelung der Meldepflicht an eine gesetzlich geregelte
Untersuchungspflicht diese „Befürchtung“ auf einfache Weise ausgeräumt werden
kann.
Auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte
(BVKJ) verhält sich ablehnend gegenüber einer Meldepflicht an die
Strafverfolgungsbehörden.
Die Frage, wie die Ärzteschaft den – durch ihr
Schweigen geleisteten Täterschutz gegenüber minderjährigen Opfern – ethisch
vertreten kann, wurde bislang nicht beantwortet.
Ohne konsequente Strafverfolgung, die den Tätern
rechtsstaatliche Grenzen aufzeigt, gibt es auch keine nachhaltige Prävention.
Daher sollte sich die Ärzteschaft endlich im Sinne der Opfer für eine Melde-
und gekoppelte Untersuchungsverpflichtung der gefährdeten Kinder einsetzen.
Weitere Informationen unter www.taskforcefgm.de.